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Sind wir nicht alle in bischen Öko?

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Von der Friedensdekade …

Da gibt es also eine Menge Menschen die mir jeden Tag ein schlechtes Gewissen einreden und das seit Jahren! Ok, die ersten Jahre nach der Wende hab ich auch dazu gehört und Anderen ein schlechtes Gewissen eingeredet. War also auch ein Öko. Ja ich habe mich damit identifiziert, engagiert, ab und zu auch gespendet und letztlich zu jeder Wahl „Bündnis90/Die Grünen“ gewählt. Ein bischen natürlich auch meinem Vater zum Trotz, welcher selbst nach der Wende im Osten stets noch die CDU gewählt hat.

Doch ich hab mich wirklich engagiert, wenigstens ein bischen. Aus der DDR als Anhänger der Aktionen Schwerter zu Pflugscharen, Kirche von Unten und Ökumenische Friedensdekade kommend war ich in der Zeit 1990/91 aktiv in der Jenaer Amnesty Gruppe. Damals waren die Zeiten noch sehr bewegt und wir waren als Gruppe auf allen gängigen Veranstaltungen vertreten. Ob es da um den Tierschutz ging oder den fair gehandelten Kaffee. Wir hatten Kontakt zu vielen Leuten auch aus anderen befreundeten Gruppen. Wir hatte alle ähnliche Ziele, waren gegen Nazis und wir unterstützten diverse Aktionen. Da uns das Eine-Welt-Haus die Möglichkeit einräumte dort ein Büro zu errichten, halfen wir dort auch gern mit. Ob es um Unterschriftensammlungen, Umfragen, Kuchenbasare, Informationsveranstaltungen oder einfach Bürodienst ging, war egal. Überall mischten wir mit und ich war tatsächlich voll davon überzeugt, dass das alles gut ist.

Ausserhalb der Amnesty Gruppe war ich auch tätig. Da gab es Freunde in Saalfeld die in besetzten Häusern wohnten und geräumt werden sollten obwohl klar war, dass schon zu DDR Zeiten kaum genug Wohnraum vorhanden war. Viele DDR Bürger wohnten auch früher schon in Zimmern die offiziell gar nicht bewohnt werden durften bzw. als leer gemeldet waren um später einen Wohnberechtigungsschein bekommen zu können.

Nach der Wende und mit Begin meines Studiums in Dresden wandelten sich dann auch die Ansichten der Leute in meinem Umfeld. Plötzlich ging es nicht mehr um handfeste Dinge wie Abrüstung, Weltfrieden, friedliches Miteinander, Demokratisierung und Umweltschutz. Nein jetzt wurde unterschieden. Das waren die Einen, die setzten sich für Frieden und Menschenrechte ein, wurden in ihrer Zahl immer weniger und letztlich der Friedensbewegung zugerechnet welche man einfach für tot erklärte.

Die Anderen, das war ein ganz neuer Menschenschlag den ich bis dahin noch nicht so ausgeprägt kennen gelernt hatte. Sie trafen sich in Cafés in denen nicht geraucht werden durfte. Dort wurde endlos über banale alltägliche Dinge diskutiert und sich in Details verfangen bei denen der übergreifende Kontext verloren ging. Nach dem ein Tag verdiskutiert war stiegen sie in ihre Ente, ihren Käfer oder Trabi und fuhren zu Ihrer Wohnung. Dabei handelte es sich in der Regel um eine Altbauwohnung in der angesagtesten Gegend der Stadt (Dresdner Neustadt). In dieser waren die Wände deutlich höher als der Standard, die Fenster deutlich undichter als sonst und geheizt wurde mit Kohle. Klar das ging damals nicht anders aber darüber hätte man ja mal diskutieren können 😉 Andere Leute wohnten in der Platte, hatten keine Stuckdecke, heizten nicht mit Kohle und fuhren statt ner Ente Straßenbahn oder Fahrrad aber die waren ja auch nicht Öko und sahen schon gar nicht alternativ aus.

Jedenfalls diese neue Sorte Mensch war mir von Anfang an suspekt. Sie gaben sich ökologisch, waren es aber nicht!

Im Laufe meines Lebens habe ich dann eine ganze Menge Leute kennengelernt die sehr auf Umweltschutz bedacht waren und sind. Sie rauchten komisch riechende Stoffe, züchteten eigenartige Pflanzen, ersetzten Licht durch Kerzen, legten sich Holz in ihre Altbauwohnungen und regten sich 24h am Tag über andere Leute auf, die nicht so waren wie sie. Ausserdem waren sie scheinbar als Ökologische Missionare im Dauereinsatz tätig.

… zur Dekadenz

Auch heute treffe ich viele dieser Exemplare. Sie fragen mich warum ich Einwegbecher in der Kaffeeteria kaufe statt meine Tasse mit zu nehmen, sie kommen in mein Büro und knipsen das Licht aus, sie diskutieren darüber welche eMail, Präsentation oder welches Fachkonzept nun wirklich auszudrucken sei und welches man ja am Bildschirm lesen könne. Viele von Ihnen fahren Motorrad mit einem Motor der mehr schluckt als jeder frühere Trabi. Sie fahren damit nicht zur Arbeit sondern besuchen damit schöne Landschaften in Naturschutzgebieten. Andere fahren richtig große Autos, mit denen man auch schon mal anständig Gummi auf der Strasse lassen kann. Wieder andere machen schön Urlaub und geniesen interessante Orte wie beispielsweise die Absolut Ice Bar in Stockholm. Eine Bar welche auf eine Temperatur von ca. -5°C gehalten wird, damit das Mobiliar welches aus reinem Eis besteht nicht schmilzt. Und ganz coole fahren gleich mal ein paar Tage ins IceHotel.

In Amerika werden alljährlich Mega Watt’s für Häuser mit Weihnachtsbaumbeleutungen verbraten. In Deutschland werden Schlösser in der Nacht angestrahlt, Diskotheken werfen regelmäßig riesige Lichtkegel an den Himmel, Städte lassen ihre Springbrunnen rund um die Uhr laufen und sparen dafür bei der Beleuchtung von Fußwegen, zum Jahreswechsel werden Unmengen an Schmutz durch Feuerwerkskörper produziert, zu jeder noch so kleinen Festivität führen Städte die was auf sich halten ein Abschlussfeuerwerk durch und über all das regt sich niemand auf.

Für mich bieten die paar Dinge bereits genug Potential um etwas für den Umweltschutz zu tun. Und das ist bei weitem nur ein Anfang. Da lässt sich nach belieben mehr finden. Deswegen muss man nicht den Leuten auf den Wecker fallen, sie belästigen oder gar Einfluß auf ihre persönlichen Arbeitsweisen nehmen und ihre Produktivität damit herabsetzen. Mit den Beispielen würden sich im Handumdrehen ganz schnell ein paar Millionen sparen lassen und die Umwelt wäre auch geschont. Außerdem, jeder umweltbewußte Mensch hätte doch die Einführung von Quecksilberlampen in den privaten Haushalt unter dem Deckmantel der „Sparlampe“ verhindert – warum habt ihr das nicht? Das Fieberthermometer oh das war ja schlimm gefährlich aber die sind ja jetzt ersetzt durch Alkohol und so. Na und so eine Sparlampe da is ja nicht viel drin oder? Da ist das gleiche Zeug drin und wenn Du beim Platzen drunter stehst, bekommst Du es direkt zur Inhalation gereicht. Und wer von Euch, der sich so für die Umwelt einsetzt, fährt eigentlich kein Auto?

Ich kann nur sagen, ich bin kein Öko und ich möchte auch nicht mehr dazu gezählt werden aber ich finde Umweltschutz trotzdem vernünftig. Doch bitte verschont mich mit diesem täglichen Gewäsch abgelutschter Phrasen („…überlegen sie ob diese Mail wirklich ausgedruckt werden muss …“, „… wir setzen auf Green IT … wir virtualisieren unsere Server …“). Inzwischen ist es nämlich Eurer Aufdringlichkeit zu verdanken, dass ich aus Trotz meinen Kaffee aus Einwegbechern trinke. Ganz nebenbei fahre ich übrigens kein Auto – denn ich habe keins. Ich quäle mich seit Jahren mit den Unannehmlichkeiten des ÖPNVs und der Deutschen Bahn herum, lasse mich von Raucher’n vor Haltestellen mit den Schildern „Vielen Dank, dass sie hier nicht rauchen“ vollqualmen, lasse mich vom Bahnhof bis zu meinem Bungalow mit dem Taxi fahren oder laufe einfach, mache mit meiner Familie Urlaub in Jugendherrbergen weil ich den Luxus der Hotels nicht brauche in den Gegenden in denen ich mich auskenne und spare Strom und Heizung schon allein weil sie sau teuer sind. Allerdings gebe ich zu, dass ich mir vermutlich sofort ein Auto kaufe wenn ich irgendwann mal groß bin.

Das wollte ich einfach mal los werden, vielleicht hilft es ja den Ein oder Anderen mich besser zu verstehen.